Als Pionier agiler Zusammenarbeit und einer neuen Arbeitswelt treibt Doris Leinen die Weiterentwicklung der DB Systel voran. Im Rahmen ihrer Arbeit im Ziel- und Steuerungsteam wurden erstmalig für die DB Systel Objectives und Key Results eingeführt. Wie es dazu kam und sich das Team der Einführung näherte, erzählt sie im Gespräch mit dem Workpath Magazin..
Liebe Doris, wir freuen uns, dass wir Dich heute für das Workpath Magazin sprechen dürfen. Du hast mit deinen Kollegen bei DB Systel ein neues, agiles Ziel- und Steuerungssystem eingeführt. Wie seid Ihr dabei auf OKR aufmerksam geworden? Was war euer erster Eindruck?
Seit 2013 gibt es bei der DB Systel ein Team, das sich um das Ziel- und Steuerungssystem kümmert und neben den wirtschaftlichen Zielen auch alle weiteren strategischen Themen abbildet. Neben Transparenz durch einen Top-Kennzahlenbericht standen hier bisher quartalsweise Reviews mit dem Management im Fokus. Seit 2014 entwickelt die DB Systel die Vision einer Netzwerkorganisation und seit März diesen Jahres ist das 100. Team auf seinem Weg der Transformation.
Als Ziel- und Steuerungsteam haben wir uns natürlich die Frage gestellt: „Wie sieht unser Steuerungssystem der künftigen Organisation aus?“ Denn die klassische Hierarchie wird es nicht mehr geben, neue Rollen werden geschaffen und Verantwortungen neu verteilt.
In diesem Sinne haben wir Bestehendes hinterfragt und weiterentwickelt. In engem Austausch mit unseren Stakeholdern sind konkrete, erste Ideen entstanden. Und siehe da, wir waren ziemlich nah an dem, was OKR ausmacht. Wir haben die Methode eigentlich erst auf dem Weg für uns entdeckt und uns zu Nutze gemacht.
“Das Schlüsselwort ist GEMEINSAM. Und eine gesunde Mischung aus Top Down und Bottom Up hat uns den Erfolg gebracht.”
Ihr habt euch ganz allgemein schon früh sehr intensiv mit Agilität und der Zukunft eurer Organisation auseinandergesetzt. Kannst du beschreiben, welche Grundvoraussetzungen Ihr geschaffen habt? Wo Ihr euch vielleicht auch Freiheiten vom DB-Konzern erarbeitet habt, damit die agile Transformation und nun auch die OKR-Einführung glücken können?
DB Systel ist auf dem Weg vom IT-Dienstleister zum Digitalpartner der Deutschen Bahn. Auf diesem Weg haben wir viele Dinge hinterfragt und sind in enger Abstimmung mit den Gremien. Das Schlüsselwort ist GEMEINSAM. Und eine gesunde Mischung aus Top Down und Bottom Up hat uns den Erfolg gebracht. Gleichzeitig haben wir Voraussetzungen geschaffen, die zum Teil Konzernregularien berühren und die wir neu verhandelt haben. Die HR-Instrumente stehen hier im Fokus aber auch Governance-Themen werden neu gedacht. Dabei sind wir iterativ vorgegangen und haben unsere eigenen Hoffnungen weit übertroffen.Die Basis für all das steckt in der Kultur des Unternehmens. Transparenz und Vertrauen sind unerlässlich für das Gelingen. Die Methode ist - wie so häufig - sehr simpel. Das Leben der Werte dahinter hat es jedoch in sich. Gerade wenn es schwieriger wird, neigt der Mensch zum Rückfall in bekannte Verhaltensmuster. Wir sind auf dem Weg des Experimentierens und sollten uns dessen bewusst sein, dass gerade jetzt positive Vorbilder und Nachhaltigkeit sehr wichtig sind. Weg von Sanktionieren und partiellem Optimieren, hin zu Lernen und nachhaltigem, übergreifenden Verbessern. Oftmals ist es die Zusammenarbeit, die über das Gelingen entscheidet. Für die Steuerung bedeutet das für mich konkret gedanklich weg von Messen, hin zu Erfolge zeigen und auch feiern. Und zwar von den Menschen, die den Nutzen generieren.
In welchem strategischen Kontext stehen OKRs bei euch? Das heißt, wie ist euer Zielsystem eingebettet in eure Vision, Mission, Leitbild, Kernwerte, längerfristige Strategien und Daily Doing bzw. Projektmanagement?
OKR ist derzeit bei uns als Steuerungsmethode gesetzt. Da unser Team zum einen das Unternehmen gemeinsam mit den Stakeholdern weiterentwickelt und zum anderen für die Steuerung verantwortlich ist, bieten wir den Teams ein breites Know-how. In gemeinsamen Workshops entwickeln wir mit den Einheiten, sei es in der klassischen oder netzwerkartigen Arbeitswelt, ihr jeweiliges OKR-Set, schaffen Transparenz und gleichen es mit der Strategie ab. Gleichzeitig werden die Ergebnisse im Rahmen der bestehenden Meetingstruktur, also in regelmäßigen Teammeetings oder Jour Fixes, immer wieder eingebettet und besprochen.
So fließen die OKRs in den agilen Arbeitsalltag ein und unterstützen die Teams bezüglich Fokus und Priorisierung der Themen. Deshalb ist wichtig, dass alle Themen die aktuell auf den Tischen der Teammitglieder liegen auch in den OKR abgebildet sind. Konkret: was nicht in den OKR abgebildet ist, wird auch nicht getan. Die Teams werden von uns in dieser Phase begleitet.
Du bist bei der DB Systel auch für das Training und Onboarding der Teams verantwortlich, die neu mit dem OKR-Prozess zu arbeiten beginnen. Was sind aus deiner Sicht die wichtigsten Elemente bzw. Formate hierbei, wie gelingt euch eine gute Einführung von Mitarbeitern in den Prozess?
Neben der Vision, Mission und den Unternehmens-Objectives (MOALS) haben wir unser Menschenbild und Unternehmenswerte entwickelt. Hierbei waren die Mitarbeiter eingebunden. Insbesondere im Hinblick auf unseren kulturellen Wandel ist das extrem hilfreich. Die Ursache für Befürchtungen oder Skepsis liegen meist in den gemachten Erfahrungen, die natürlich jeder hat. Und gerade hier liegt der Knackpunkt der Veränderung. Da ist jeder persönlich, als Teil des Ganzen, gefragt, Veränderung mitzutragen und zu gestalten. Ich denke, nur so kann es gelingen.
"Ich setze nach wie vor auf das ausgewogene Verhältnis zwischen Bottom Up und Top Down. Daher lautet mein Ratschlag: Binden Sie ihre Mitarbeiter aktiv in die Gestaltung ein."
Gab es während der Einführung anfängliche Bedenken bei euren Kollegen? Wie schafft Ihr es, alle Mitarbeiter zu überzeugen?
Das ist aktuell unsere Herausforderung. Wir sind dabei, OKR auf breitere Füße zu setzen und gehen zurzeit dem Ansatz der Freiwilligkeit nach und möchten so eine Welle erzeugen. Wir sind von der Methode so überzeugt, dass wir glauben, wer es ausprobiert und experimentiert, wird den Nutzen erkennen und als Vorreiter agieren. Die Erfahrung der Teams bestätigt dies auch.
Welchen Ratschlag würdest du einem Unternehmen geben, die OKRs einführen möchte und noch ganz am Anfang stehen?
Ausschlaggebend ist meiner Meinung nach die Reife des Unternehmens. Allein die Absicht, eine neue Methode einzuführen, um die Steuerung zu verbessern, reicht nicht aus. Wichtiger ist eine wirklich ehrliche Auseinandersetzung mit der angestrebten Haltung. Ich setze nach wie vor auf das ausgewogene Verhältnis zwischen Bottom Up und Top Down. Daher lautet mein Ratschlag: Binden Sie ihre Mitarbeiter aktiv in die Gestaltung ein.
Auch andere Unternehmen befinden sich mitten in einer Transformation mit OKRs. Hier kannst du nachlesen, wie die Metro AG dem Wandel begegnet: "Wie transformiert man eigentlich einen Lebensmittel-Giganten, Timo Salzsieder?"