Dies ist ein Gastbeitrag von Mark Lambertz zum Thema Arbeit in Netzwerken.
Hört mir mit der Forderung auf „wir müssen in Netzwerken arbeiten!“
Immer wieder lese ich von der Forderung, wir müssen endlich anfangen in Netzwerken zu arbeiten. Aus meiner Sicht ist das erstmal Quatsch, weil diese Forderung ungenau formuliert ist und damit den Kern der zugrundeliegenden Problematik nicht packt.
Was ist falsch an der Aussage, wir müssten endlich in Netzwerken arbeiten?
Die Antwort ist relativ simpel: Es ist Unfug das zu fordern, weil wir bereits in Netzwerkstrukturen arbeiten! Auch wenn ein Organigramm den Eindruck vermittelt, dass es nur ein „hierarchisches Oben sticht Unten“ gäbe, so ist das tägliche Erleben selten zu 100% von solchen hierarchischen Abläufen und Strukturen geprägt. Tatsächlich ist jeder Mitwirkende in der Organisation mit vielen anderen Menschen vernetzt – diese Verbindungen werden zwar nicht im typischen Organigramm abgebildet, doch besonders bei Projekten in Unternehmen entstehen automatisch Netzwerkstrukturen, weil unterschiedliche Funktionen zusammengebracht werden müssen, um ein Projektziel zu erreichen.
Gleiches gilt auch für Querschnittsthemen – egal wie fein man auch versucht Funktionen in der Organisation zu schneiden, irgendwann entstehen Themen, die nur gemeinsam bearbeitet werden können. Das ist auch alles andere als eine neue Erkenntnis, nur erscheint mir das im Diskurs zu oft unterzugehen. Die funktionale Differenzierung zwingt uns dazu Cross-funktional zu arbeiten, weil keiner mehr alles alleine wissen, geschweige denn tun kann (siehe auch Ashby’s Law).
Somit kann man aus einem Organigramm im ersten Schritt leicht eine Netzwerkstruktur ableiten:
Aus...
wird...
Jetzt werden die (Querschnitts-)Themen über die Sterntopologie gelegt, sodass der Vernetzungsgrad in der Organisation deutlich wird:
Es stellt sich also nicht die Frage ob wir in Netzwerken arbeiten, sondern auf welche Art und Weise wir eine Struktur aufrechterhalten – und wie flexibel diese Struktur auf Veränderungen reagieren kann (oder auch sich proaktiv neu strukturiert, um einen Vorteil in der Umwelt zu erlangen). Zusätzlich macht es Sinn die verschiedenen Standardtypen von Netzwerken, sowie deren Vor- und Nachteile zu kennen. Hierbei sind die linearen Strukturen eher für komplizierte Themen geeignet, währenddessen die vermaschten Typen wahrscheinlich für komplexe Themen passfähiger sind.
Hier einige typische Netzwerktopologien. Selbstverständlich existiert auch die informelle Ebene der sozialen Verbindungen, die logischerweise beim Betrieb des Netzwerks mitgedacht gehört.
Netzwerktopologien
Beim Design von Netzwerken kommt es u.a. darauf an, die richtigen Typen entlang des Wertstroms anzuordnen, um auf zweierlei Art mit Redundanzen umzugehen:
- Redundanz im Sinne von Doppelarbeiten, also parallelen Aktivitäten die nicht aufeinander abgestimmt sind und für entsprechende Verwirrung im System sorgen. Diese Redundanz muss reduziert werden.
- Redundanz im Sinne von Puffern, damit komplexe Systeme nicht kollabieren, weil ein zu hoher Grad an struktureller Kopplung vorhanden ist. Es braucht alternative Wertstrom-Routen im System, um bei einer Störung im Arbeitsfluss handlungsfähig zu bleiben und die Blockade aufzulösen. Hier gilt das Prinzip der losen Kopplung bei gleichzeitig hoher innerer Kohäsion.
Abschließend stellt sich die Frage wie Macht und Wissen im System verteilt ist – und hier schließt sich der Kreis zur Hierarchie, weil in Netzwerken natürlich genauso Macht vorkommt wie in der Top-Down-Welt. Ein Blick auf die typischen Rollen in Netzwerken macht im bald folgenden Post hoffentlich deutlich, dass auch hier wieder eine Übertragung des Organigramms auf die typischen Netzwerkrollen möglich ist – und die Forderung nach „Wir brauchen Netzwerke“ sinnlos ist.
Sehr wohl kann man aber fordern, dass wir besser in Netzwerken arbeiten sollten. Da gehe ich dann wieder mit.